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ACTA: So sicher ist selten sicher

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"ACTA wie Abgrund" © Alexandra-K. Mayer
"ACTA wie Abgrund" © Alexandra-K. Mayer

Die Welle der Proteste gegen ACTA („Anti-Counterfeiting Trade Agreement“) ist bemerkenswert wegen ihrer Intensität und wegen ihres Ziels: Die AktivistInnen stellen sich gegen die Aufweichung von demokratischen Prinzipien, etwa der Bürgerrechte auf Freiheit und Mitbestimmung. Sie sind Vorausdenker und scharfe Analysten, lassen sich nicht blenden vom stets vorgeschobenen Aspekt „mehr Sicherheit“. Vielmehr sehen sie in der Speicherung privater Informationen eine Ausweitung der Möglichkeiten für illegale Handlungen, zum Beispiel Diskriminierung und Erpressung. Personendaten sind sensible Daten, sie geben dem Verfüger Vorteile und Macht. Einzelne Informationen mögen irrelevant erscheinen und daher nicht schützenswert. Doch die Möglichkeiten der Technik zur Vernetzung vieler verschiedener Merkmale von BürgerInnen können fatale Folgen haben. So könnte sich in einem Kriminalfall die Beweislast umkehren, was Verdächtigte in eine prekäre Situation brächte. Die Prozessfairness bliebe auf der Strecke. Dass die Position des (staatlichen) Klägers und des Angeklagten mit dem gleichen Zugang zu Daten aus Vorratsspeicherungen ausgestattet ist, bleibt Illusion.

Welche BürgerInnen moderner Demokratien können sich diesen Schritt wünschen? Niemand, wenn sie oder er die Erhaltung und vor allem die Weiterentwicklung demokratischer Strukturen unterstützen und nicht nur nach einem einfachen Weg streben; der ist politisch selten der bessere.

Verwerflich ist auch das Vorgehen der EU. Angela Merkel ist eine deklarierte Unterstützerin von ACTA. Die Entscheidung über diese massiven Eingriffe in die Privatsphäre der EU BügerInnnen trafen viele Länder, darunter Österreich, über die Köpfe ihrer BügerInnen hinweg. Die drohende totale Überwachung erinnert an den Kalten Krieg mit seinen Horchposten und Nachrichtendiensten. Mit ACTA würden die Behörden mit fragwürdigen Mitteln ausgestattet. Gleichzeitig unterstützen sie die allein gewinnorientierten Strukturen der Unterhaltungsindustrie. Die haben es verschlafen, sich zu entwickeln und an neue Technologien anzupassen.

Das Problem des Datenschutzes geht uns alle an. Bei manche PolitikerInnen ist das Bewusstsein bereits geschärft, zum Bespiel bei Sabine Leutheusser-Schnarrenberger (FDP) – von Parteikollegen wird sie „Jeanne d’Arc der Bürgerrechte“ genannt . Grund dafür ist ihre sture Haltung, wenn es um Vorratsdatenspeicherungen geht. Leutheusser-Schnarrenberger sieht darin einen gravierenden Eingriff in Bürgerrechte und blockiert in Deutschland deshalb die Umsetzung der entsprechenden EU-Richtlinie des Jahres 2006. Man wird sehen, wie lange ihr Widerstand noch dauert, steht doch eine Einigung mit dem schwarzen Koalitionspartner an, der die Umsetzung der Richtlinie besser gestern als heute erledigt wissen will.

Was wird aus unserer Demokratie, wenn das übertriebene Sicherheitsdenken weiter wächst und zum Beispiel die Speicherung von Personendaten auch in den hoch sensiblen Gesundheitsbereich übergreift? Wie werden dann die Bürgerrechte gewahrt? Eine Sozialversicherung für einen Raucher – könnte man diese wegen des Risikos überdenken? Da ist viel Fantasie drin, doch die Wirklichkeit überholt solche Vorstellungen manchmal sehr schnell. „Nur zur Sicherheit“ ist ein gefährliches Motto.


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